Gestern war am Anger mal wieder viel los: Zusammen mit dem BRK, der angehenden Notärztin Dr. Angela Mayer und dem Notarzt Dr. Christian Haag übten wir mit vier außergewöhnlichen Unfallszenarien die Zusammenarbeit zwischen Rettungsdienst und Feuerwehr bei technischen Hilfeleistungseinsätzen.
Am Anfang stand natürlich erst einmal die Theorie auf dem Plan. Notarzt Dr. Christian Haag hielt einen Vortrag über das Polytrauma - gleichzeitige Verletzungen mehrerer Körperregionen, von denen mindestens eine Verletzung oder die Kombination lebensbedrohlich ist - ein Verletzungsmuster, das auch häufig bei Verkehrsunfällen auftritt.
Nach einer kurzen Pause starteten wir auch direkt mit dem ersten Einsatzszenario. Wir fanden ein Fahrzeug vor, das senkrecht, mit der Motorhaube nach unten, an einem Container lehnte. In dem Fahrzeug befand sich eine eingeklemmte Person. Nachdem wir das Fahrzeug am Container vor Verrutschen gesichtert hatten, konnte Dr. Angela Mayer den "Patienten" (natürlich wieder ein Übungsdummy) durch ein geöffnetes Fenster erstversorgen. Daraufhin begannen wir, mit hydraulischem Rettungsgerät die Fahrertür des Fahrzeugs zu entfernen. Die verunfallte Person, die noch im Gurt hing, sicherten wir mit einem Brett. Schließlich konnten wir über die Rettungsplattform die Person auf das Spineboard ziehen und dem Rettungsdienst übergeben. Da wir mit den Übungen auch komplexe und nicht alltägliche Verletzungsmuster abbilden wollten, tauschten wir nach der Rettung der Person den Dummy durch unseren 2. Kommandanten Mathias Müller aus, der vor der Übung vom BRK entsprechend geschminkt wurde. Während unserer Rettungsarbeiten wurde er bereits vom Rettungsdienst versorgt.
Bei dem zweiten Verkehrsunfall gab es zwei eingeklemmte Personen. Wir nahmen an, dass der Rettungsdienst die Einsatzstelle bei der Heimfahrt vom vorherigen Einsatz auffand. Als ersteintreffende Kräfte erkundeten sie die Lage und alarmierten sofort Notarzt und Feuerwehr nach. Sie befreiten den reanimationspflichtigen Beifahrer aus dem Fahrzeug und begannen mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung. In der Zwischenzeit sind auch wir an der Einsatzstelle eingetroffen und kümmerten uns um den Fahrer, durch dessen Brustkorb sich eine mehrere Meter lange und sehr dicke Eisenstange bohrte. Um an die Person gelangen zu können, entfernten wir das Dach des Fahrzeugs, währenddessen sich Notarzt und Rettungsdienst wieder um den Verletzten kümmerten. Da die Eisenstange sich auch durch den Sitz bohrte, zerlegten wir diesen und trennten mit der Flex das hintere Ende der Stange ab. Anschließend deckten wir die Person ab und kürzten auch den vorderen Teil der Stange, sodass die Person aus dem Fahrzeug befreit werden könnte. Bevor dies allerdings geschah, tauschten wir unseren Dummy wieder gegen Mathias. Ein an seiner Brust angebrachter Holzkeil simulierte die Pfählungsverletzung mit der Eisenstange. Wir zogen ihn vom Sitz auf das Spineboard und konnten ihn somit wieder an den Rettungsdienst übergeben, der sich um die Versorgung seiner Verletzungen kümmerte.
Der dritte Einsatz war kein Verkehrsunfall, sondern ein Sturz aus großer Höhe. Wir fanden unseren "Stuntman" Mathias auf dem Garagendach des Feuerwehrhauses vor. Dr. Mayer leitete uns an und versorge den Verletzten. Wir drehten ihn aus der Bauchlage auf den Rücken und legten ihn mit Hilfe des Spineboards auf die Schleifkorbtrage. Ein Ende der Trage befestigten wir an einer Steckleiter, am anderen Ende konnten wir mit zwei Leinen die Schleifkorbtrage in waagrechter Position auf den Boden abseilen.
Der vierte Einsatz war wieder ein Verkehrsunfall. Das Unfallfahrzeug lag auf dem Dach und begann zu brennen. Den Entstehungsbrand konnten wir schnell löschen. Nach Einschätzung der Lage durch den Notarzt führten wir eine Crashrettung durch, befreiten die Person also schnellstmöglich aus dem Fahrzeug, ohne auf eine schonende Rettung zu achten. Dieses mal blieb auch unser 2. Kommandant Mathias nach drei Polytraumata ausnahmsweise verschont und konnte regulär an der Übung teilnehmen. Die als "entspannter" Abschluss gedachte Übung war schnell beendet. Mit der Seilwinde unseres Versorgungs-LKW brachten wir das Fahrzeug wieder auf seine Räder. Dann konnten sich unsere zwei Notärzte noch einmal an Schneid- und Spreizgerät beweisen.
Die Resonanz zum Übungstag war durchwegs positiv. Alle Teilnehmenden fanden die Übungen sehr gelungen. Wir hatten an diesem Tag die Möglichkeit, anhand von mehreren ungewöhnlichen Szenarien die Zusammenarbeit zwischen Notarzt, Rettungsdienst und Feuerwehr zu trainieren. Vielen Dank an Dr. Christian Haag, Dr. Angela Mayer und alle Kameraden vom BRK fürs Teilnehmen und an die Organisatoren, die diesen Übungstag ermöglicht haben!